Heft 32
„Wohl denen, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit. Sie werden satt werden.“
Abstract
Die Aufgaben einer nachhaltigen Zukunftsgestaltung sind das Thema vorliegenden Heftes. Der Leitartikel über Leonhard Ragaz fragt, wie die Kirche zukunftsfähiger werden kann. Weitere Artikel problematisieren den Mangel an Zukunftsfähigkeit bei der gegenwärtigen Kirchenfinanzierung (Kirchensteuer!), bei der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung (Neoliberalismus!) und bei der gegenwärtigen Sicherheitspolitik (neue verteidigungspolitische Richtlinien!).
Inhalt
Betrachtung zu Jochen Kleppers Lied
„Ja, ich will euch tragen bis zum Alter hin“
Personalia: Wolfgang Huber / Gregor Böckermann
Streiflicht: Feierliches Gelöbnis
Leitartikel
Hans Dieter Zepf, Leonhard Ragaz – ein religiöser Sozialist
Frühjahrstagung 2003 in Arnoldshain
Wolfgang Gern, Solidarität und Verteilungsgerechtigkeit
Hans-Jürgen Krupp, Eingangsstatement zur Podiumsdiskussion
„Soziale Marktwirtschaft – Konzept für die Zukunft?“
Peter Wahl, Eine andere Globalisierung ist möglich
Frühjahrstagung 2004 in Eisenach
H. D. Zepf, Zwei Kurzbiographien über Bonhoeffer und Gandhi
Karl Martin, Drei Buchhinweise zu Titeln, die sich mit Bonhoeffer, Buber und Gandhi beschäftigen
Gustav Köbbemann, Erwiderung auf den Beitrag von Th. Ebert
„Dietrich Bonhoeffer und der Pazifismus“
Kirchensteuerreform
Herbert Hahn, Abschied von der Kirchensteuer
Karl Martin, Theologische Vorüberlegungen für eine Reform der Kirchenfinanzierung
Schalom – Friede
Eine andere Welt ist möglich – Berliner Aufruf Ökumenischer Basisgruppen und Initiativen
Überwindung des Krieges:
Nachhaltiger Frieden – der notwendige Paradigmenwechse
W. Rohde-Liebenau, Die Bundeswehr eine Interventionsarmee?
Widerspruch gegen neue verteidigungspolitische Richtlinien
Es stellt sich vor
Gandhi-Informations-Zentrum e.V. Berlin
„Bonhoeffer on tour“
Termine
Impressum
Titelbild aus:
Die Seligpreisungen, mit der Schwanenfeder auf Stein gezeichnet und gedruckt (Lithographie) 1991 von Willy Beppler
Adresse: W. Beppler, Bleichstr. 18, 65343 Eltville
Editorial
Die Aufgaben einer nachhaltigen Zukunftsgestaltung sind das Thema vorliegenden Heftes. Der Leitartikel über Leonhard Ragaz fragt, wie die Kirche zukunftsfähiger werden kann. Weitere Artikel problematisieren den Mangel an Zukunftsfähigkeit bei der gegenwärtigen Kirchenfinanzierung (Kirchensteuer!), bei der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung (Neoliberalismus!) und bei der gegenwärtigen Sicherheitspolitik (neue verteidigungspolitische Richtlinien!).
Die Frühjahrstagung 2003 in Arnoldshain behandelte Fragen einer künftigen Wirtschaftsordnung angesichts von Globalisierung und christlicher Verantwortung. Beim Thema Kirchensteuerreform geht es darum, die Organisationsstrukturen für die kirchliche Arbeit in einer demokratischen, multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft zukunftsfähig zu machen. Die Stichworte Schalom – Frieden sollen daran erinnern, dass es zur Überwindung des Krieges keine vernünftige Alternative gibt und dass „eine andere Welt möglich ist“.
Der Leitartikel ist Leonhard Ragaz – einem religiösen Sozialisten gewidmet. Das Anliegen von Leonhard Ragaz war es, die Zukunftsfähigkeit des Christen-tums zurückzugewinnen. Ragaz verließ 1921 freiwillig seine theologische Professur. Seine Kirchenkritik war für ihn so unabweisbar geworden, dass er sich nicht mehr guten Gewis-sens an der Pfarrerausbildung für eine solche Kirche beteiligen konnte. Die damit aufgeworfene Problematik ist bis heute die gleiche geblieben. Die Kirche, die – um es mit Bonhoeffers Worten zu sagen – um ihre Selbsterhaltung kämpft, als wäre sie ein Selbstzweck. Kann man innerhalb einer solchen Kirche Zukunftsarbeit leisten? Oder muss man die kirchlichen Strukturen zeitweilig bzw. partiell verlassen, um nicht selber in die Praxis der Zukunftsverweigerung hineingerissen zu werden?
Die Jahreslosung für 2004 spricht von der Zukunftsperspektive, die Christus uns in seinem Wort schenken will: Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen (Markusevangelium 13,31). Nicht der normativen Kraft des Faktischen, sondern der normativen Kraft des Sinnhaften wird hier das Wort geredet. Das Gemeinte lässt sich an dem Beispiel Jochen Kleppers verdeutlichen. Das Dritte Reich verkörperte die normative Kraft des Faktischen. Jochen Klepper als christlicher Dichter stand demgegenüber für die normative Kraft des Sinnhaften. Als seiner jüdischen Frau und seiner Stieftochter die Deportation und Ermordung drohte, ging er mit ihnen gemeinsam freiwillig aus diesem Leben. In dieser Tat war unendlich viel mehr Zukunftspotential enthalten als in dem gesamten mordbrennenden Gewaltgetöse der Nationalsozialisten.
Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben (Johannesevangelium 3,36). Der hat Anteil an dem unendlich großen Zukunftspotential Gottes. Dass dieser Glaube an Weihnachten neu entzündet werden und dann mit in den Jahreswechsel gehen und sich in 2004 weiter entfalten möge, wünscht allen Leserinnen und Lesern, auch im Namen der Redaktion,
Ihr Karl Martin