Bonhoeffers Kirchenverständnis: Kirche für andere! Nicht herrschend, sondern helfend und dienend!
Bonhoeffer hat sein Kirchenverständnis in dem Begriff „Kirche für andere“ verdichtet: „Die Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist. … Sie muß an den weltlichen Aufgaben des menschlichen Gemeinschaftslebens teilnehmen, nicht herrschend, sondern helfend und dienend.“ Die Kirche ist kein Selbstzweck. Das Festhalten an Privilegien oder die Vernachlässigung ihres Dienstes aus Besorgnis um gefährdetete Eigeninteressen schadet ihrer Glaubwürdigkeit. Die Freiheit der Kirche gründet in ihrem Auftrag (Barmer Theologische Erklärung 1934). Damit die Kirche im Verhältnis zum Staat ihre Unabhängigkeit und Eigenverantwortung zurückgewinnen kann, müssen bestehende Regelungen überarbeitet werden (z.B. Neuordnung der Soldatenseelsorge; Suche nach neuen Wegen der Kirchenfinanzierung). Es folgt aus Bonhoeffers „Entwurf einer Arbeit“ der vollständige Wortlaut derjenigen Passage, in der das Verständnis einer „Kirche für andere“ entfaltet wird (DBW 8, Seite 560 f.).
Zitat von Dietrich Bonhoeffer aus „Widerstand und Ergebung“ -„Entwurf für eine Arbeit“ (DBW8, Seite 560f.):
Die Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist. Um einen Anfang zu machen, muß sie alles Eigentum den Notleidenden schenken. Die Pfarrer müssen ausschließlich von den freiwilligen Gaben der Gemeinden leben, evtl. einen weltlichen Beruf ausüben. Sie muß an den weltlichen Aufgaben des menschlichen Gemeinschaftslebens teilnehmen, nicht herrschend, sondern helfend und dienend. Sie muß den Menschen aller Berufe sagen, was ein Leben mit Christus ist, was es heißt, „für andere dazu sein“. Speziell wird unsere Kirche den Lastern der Hybris, der Anbetung der Kraft und des Neides und des Illusionismus als den Wurzeln allen Übels entgegentreten müssen. Sie wird von Maß, Echtheit, Vertrauen, Treue, Stetigkeit, Geduld, Zucht, Demut, Genügsamkeit, Bescheidenheit sprechen müssen. Sie wird die Bedeutung des menschlichen „Vorbildes (das in der Menschheit Jesu seinen Ursprung hat und bei Paulus so wichtig ist!) nicht unterschätzen dürfen; nicht durch Begriffe, sondern durch „Vorbild“ bekommt ihr Wort Nachdruck und Kraft.